Ausgabe vom 23. April 2024
61/2024   Joachim von Ungern-Sternberg: Wirksamkeitsvoraussetzungen der Rechtsübertragung auf Verwertungsgesellschaften nach § 10 VGG - Änderungsvorhaben des Regierungsentwurfs des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes
 Für Verwertungsgesellschaften ist die kollektive Wahrnehmung der Ansprüche, die Rechtsinhaber bei ihnen einbringen, ein Massengeschäft. Der Regierungsentwurf des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV) schlägt nunmehr in seinem Art. 28 im Interesse der Verwertungsgesellschaften, die bei der Erweiterung der Rechtsübertragung in ihren Wahrnehmungsverträgen Zustimmungsfiktionen vorsehen, eine Änderung des § 10 VGG vor. Danach soll § 10 Satz 2 VGG aufgehoben werden, in dem geregelt ist, dass eine Vereinbarung über die Wahrnehmung von Rechten durch die Verwertungsgesellschaft der Textform (§ 126b BGB) bedarf. Der Autor ist in dem hier veröffentlichten Beitrag der Ansicht, dass dieser Vorschlag mit dem Unionsrecht unvereinbar ist.
62/2024   BGH: Kopie der personenbezogenen Daten (Urteil vom 05.03.2024, VI ZR 330/21)
 Zum Begriff "Kopie der personenbezogenen Daten" in Art. 15 Abs. 3 DSGVO.
63/2024   BFH: Kein Anspruch auf Aktenkopien gemäß Art. 15 DSGVO für juristische Personen im Klageverfahren (Beschluss vom 08.02.2024, IX B 113/22)
 Die Anwendungserweiterung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) durch § 2a Abs. 5 der Abgabenordnung gilt nur für das Besteuerungsverfahren nach der Abgabenordnung, nicht jedoch für das Verfahren vor den Finanzgerichten. Eine juristische Person kann unmittelbar aus Art. 15 DSGVO keine Rechte ableiten.
64/2024   LG Koblenz: Keine Bestätigung durch ein Telefonat des Verbrauchers nach erfolgter Kündigung eines online zustande gekommenen Vertrages (Urteil vom 27.02.2024, 11 O 12/23)
 Der Maßstab zulässiger Authentifizierungsmaßnahmen ist bei Online-Verbraucherverträgen im Einzelfall zu beurteilen. Aufgrund der Umstände des Einzelfalls ist vorliegend eine telefonische Bestätigung durch den Verbraucher unzulässig. Nach § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 1 b) BGB muss die Bestätigungsseite es dem Verbraucher ermöglichen, Angaben zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit zu machen. Soweit ein weitergehendes Interesse an einer Authentifizierung geltend gemacht wird, wäre dies vorrangig durch eine Bestätigung über den von dem Verbraucher gewählten Kommunikationskanal zu erreichen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb ein an den Verbraucher unter der von ihm hinterlegten E-Mail-Adresse gesendeter Bestätigungslink zur Identifizierung weniger geeignet wäre als ein Telefonat.
 
Ausgabe vom 16. April 2024
57/2024   EuGH: Begriff des immateriellen Schadens bei Art. 82 DSGVO (Urteil vom 11.04.2024, C-741/21)
 Art. 82 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass ein Verstoß gegen Bestimmungen dieser Verordnung, die der betroffenen Person Rechte verleihen, für sich genommen nicht ausreicht, um unabhängig vom Schweregrad des von dieser Person erlittenen Schadens einen "immateriellen Schaden" im Sinne dieser Bestimmung darzustellen. Art. 82 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass es für eine Befreiung des Verantwortlichen von seiner Haftung nach Art. 82 Abs. 3 dieser Verordnung nicht ausreicht, dass er geltend macht, dass der in Rede stehende Schaden durch ein Fehlverhalten einer ihm im Sinne von Art. 29 der Verordnung unterstellten Person verursacht wurde. Art. 82 Abs. 1 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass zur Bemessung des Betrags des auf diese Bestimmung gestützten Anspruchs auf Schadenersatz zum einen die in Art. 83 dieser Verordnung vorgesehenen Kriterien für die Festsetzung des Betrags von Geldbußen nicht entsprechend anzuwenden sind und zum anderen nicht zu berücksichtigen ist, dass die Person, die Schadenersatz verlangt, von mehreren Verstößen gegen die Verordnung betroffen ist, die sich auf denselben Verarbeitungsvorgang beziehen.
58/2024   BFH: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei elektronischer Übermittlung einer Rechtsmittelbegründungsschrift (Beschluss vom 13.12.2024, VII B 188/22)
 Die Überprüfung einer ordnungsgemäßen elektronischen Übermittlung einer Rechtsmittelbegründungsschrift an den Bundesfinanzhof erfordert unter anderem die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht gemäß § 52a Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung erteilt wurde. Unterlässt der Absender diese Überprüfung, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht.
59/2024   OLG Rostock: Beweis des Zugangs einer einfachen E-Mail (Beschluss vom 03.04.2024, 7 U 2/24)
 Für die Annahme eines Anscheinsbeweises für den Zugang einer feststehendermaßen abgesandten (einfachen, insbesondere ohne Empfangs- oder Lesebestätigung übermittelten) E-Mail ist keine Grundlage ersichtlich. Es entspricht der Auffassung insbesondere auch der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass für den Zugang einer einfachen E-Mail allein aufgrund des feststehenden Absendens, auch in Verbindung mit dem feststehenden Nichterhalt einer Unzustellbarkeitsnachricht auf Seiten des Absenders, kein Anscheinsbeweis streitet.
60/2024   VG Weimar: Unrichtigkeit einer Rechtsmittelbelehrung zur Einreichung eines Rechtsbehelfes "auf elektronischem Wege durch De-Mail" (Beschluss vom 20.04.2024, 1 E 2673/22 We)
 Die Formulierung in einer Rechtsmittelbelehrung zur Einreichung eines Rechtsbehelfes "auf elektronischem Wege durch De-Mail" ist unrichtig, da sie nur unvollständig die Möglichkeiten der Einreichung auf elektronischem Wege erfasst.
 
Ausgabe vom 09. April 2024
53/2024   BGH: Anforderungen an die Ausgangskontrolle bei der Versendung fristgebundener Schriftsätze über das besondere elektronische Anwaltspostfach (Beschluss vom 30.01.2024, VIII ZB 85/22)
 Zu den Anforderungen an die Ausgangskontrolle bei der Versendung fristgebundener Schriftsätze - hier: Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA; im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2021 - VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 44 ff.; vom 24. Mai 2022 - XI ZB 18/21, NJW-RR 2022, 1069 Rn. 12; vom 21. März 2023 - VIII ZB 80/22, NJW 2023, 1668 Rn. 19 ff.; jeweils mwN).
54/2024   LArbG Berlin-Brandenburg: Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte - Art 17 DSGVO (Beschluss vom 13.03.2024, 26 Ta 223/24)
 Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen unter der Geltung des Art. 17 DSGVO ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus der papierenen Personalakte besteht, ist umstritten (vgl. zum Streitstand eingehend: Kleinebrink, ArbRB 2024, 50). Vor diesem Hintergrund kann einer Partei, die den Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte beansprucht, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls nicht wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelehnt werden. Das gelte erst recht, wenn die Abmahnung bei der Beklagten in digitalisierter Form existiert haben sollte.